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Marketing im Jahr 2019

Modernes Marketing

Marketing im Jahr 2019, das auf den konkreten Kunden abzielt, findet meines Erachtens nur noch im Internet statt. Da wird personalisiert, da wird der Kunde mit Namen angesprochen, da wird alles versucht, den Kunden für sich zu gewinnen. Aber hinter der persönlichen Anrede verbirgt sich kein Verkäufer, der sich meinen Namen gemerkt hat. Die Anrede generiert der Online-Shop, der entsprechend programmiert wurde. Das ist beim persönlichen Einkauf in einem x-beliebigen Geschäft ganz anders. Selbst wenn man seit Langem Stammkunde ist, weiß der Verkäufer bzw. die Verkäuferin meist den Namen des Kunden nicht. Als habe er bzw. sie den Kunden noch nie gesehen!



Der anonyme Stammkunde 

Ich war viele Jahre Stammkunde einer kleineren Tankstelle, wo ich etwa dreimal im Monat für jeweils etwa 80 € getankt und mit einer Tankkarte, auf der mein Name stand, bezahlt habe. Mindestens jedes zweite Mal wurde ich von der gleichen Tankwartin bedient. Aber sie war nicht in der Lage, mich mit meinem Namen anzusprechen. Ich hatte jedes Mal das Gefühl, dass ich für sie völlig fremd war. Als würde ich zum ersten Mal tanken.

Dabei hätte sie nur einmal auf meine Karte blicken müssen, und sie hätte gewusst, wie ich heiße und hätte mich mit meinem Namen ansprechen können. Was hätte ich mich darüber gefreut! Erst als ich von meiner Firma eine neue Tankkarte bekam, mit der ich an dieser Tankstelle nicht mehr tanken konnte, da hat die Dame darauf reagiert und mir geraten, ich solle doch in meiner Firma fragen, ob es nicht möglich sei, auch weiterhin bei ihr zu tanken. Aber selbst bei diesem Rat kam sie nicht auf die Idee, mich mit Namen anzusprechen.


Personalisiertes Marketing

Armseliges Marketing, wie ich finde. Ich hatte einen Bruder, der hatte ein Delikatessengeschäft. Er vertrat die Ansicht, dass jeder Kunde, der sein Geschäft betritt, ganz persönlich bedient werden müsse, selbst wenn er nur ein Päckchen Kaugummi kaufen würde. Denn das könnte er ja auch in einem anderen Laden kaufen. Dies war zu einer Zeit, als es noch keine Online-Shops gab, als noch nicht mindestens jeder zweite Einkauf mit Kreditkarte oder Bankkarte, auf der der Name des Kunden vermerkt ist, bezahlt wurde. Mein Bruder musste die Namen seiner Kunden erfragen, meist auf elegante, mitunter witzige Weise, was er aber immer höflich und respektvoll machte.

Diese Form des Marketings zielt auf die konkrete Person. Es hat mit Vertrauen zu tun, was die Basis bei jedem Einkauf sein sollte, und wenn es nur der Salat ist, den ich im Hofladen kaufe. Aber von diesem personalisierten Marketing ist man im face-to-face – wie es so schön „neudeutsch“ heißt – meilenweit entfernt.


So viele Namen kann man sich heute nicht mehr merken …

Ich habe vor einiger Zeit meinen Weinhändler etwas dumm angeredet und ihm beim Zahlen an der Kasse meinen Namen genannt. Dabei hatte ich eine Kundenkarte seines Unternehmens. Darauf war mein Name aufgedruckt, und ich war obendrein schon seit mehr als zwei Jahren Kunde seines Unternehmens und kaufte etwa alle zwei Wochen bei ihm ein. Er hätte also nur auf die Karte schauen müssen. Er redete sich hinaus, dass er ja viele Kunden hätte, und da wäre es ihm nicht möglich, alle beim Namen zu kennen. Armselig, habe ich mir gedacht.

Wahrscheinlich geht es den Verkäufern im Jahr 2019 nur ums Geld. Da ist es völlig egal, wer es  bringt. Hauptsache die Kasse wird gefüllt. Wer da vor dem Verkäufer steht, ist unerheblich. Wo käme man da hin, wenn man sich Namen merken müsste, wenn man auf die Kunden- oder Kreditkarten schauen, wenn man lesen müsste. Auch das noch. Soll der anspruchsvolle Kunde doch hingehen, wo er höflich und zuvorkommend bedient wird!

Aber Newsletter und Werbebriefe bekomme ich schon mit meinem Namen. Dort werde ich auch höflich angesprochen. Wenn ich aber dann wieder ins Geschäft komme, schaut mich der Verkäufer an, als sei ich zum ersten Mal in seinem Laden. Ja, das ist modernes personalisiertes Marketing im Jahr 2019. Vielen jungen Menschen ist dies aber offenbar egal. Dafür machen sie dann im Netz alles von sich offen, was es nur offen zu machen gibt, natürlich mit Fotos und allem Drum und Dran. Aber in der persönlichen Begegnung, da versucht man, anonym zu bleiben. Ist das nicht verrückt?

Abbildung: © pexels.com

Josch 12.09.2019, 13.04

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Helmut Pöllath

Lieber Josef, Du sprichst mir aus der Seele. Ich hatte vor Jahren auf einer Messe ein schönes Erlebnis. Ein Kunde kam auf unseren Messestand, mit dem ich seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr hatte. Außerdem hatte er in unserem Unternehmen mittlerweile einen neuen Ansprechpartner im Außendienst.
Ich ging auf Ihn zu, sprach Ihn mit seinen Namen an und begrüßte Ihn höflich auf unserem Messestand. Er war so sehr beeindruckt, dass ich noch seinen Namen kannte und es entstand ein sehr längeres, herzliches Gespräch. Diese Wertschätzung ist unbezahlbar und das ist Marketing in perfekter Form. Liebe Grüße von Deinem Neffen.

vom 13.09.2019, 11.23
Antwort von Josch:

Mein lieber Neffe,
was für ein schöner Kommentar. Und das nicht nur, weil du mein Neffe bist, sondern weil du selbst seit vielen Jahren von der Kundenbindung lebst und sie tausendmal schon erfahren hast. Ich danke dir,
dein Onkel

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