Einfach zum Nachdenken

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Fassungslos und voller Entsetzen

Wenn wir nichts aus unserer Vergangenheit lernen, sind wir verdammt, sie zu wiederholen

(Hildegard Knef)

Die Wahlergebnisse der letzten Wochen machen mich sprachlos und lösen einfach nur Entsetzen in mir aus. Ich frage mich, in welchem Land ich lebe. Da geben in drei sogenannten neuen Bundesländern über 30 Prozent der Wahlberechtigten offen faschistischen Kandidaten ihre Stimme. Wo soll das hinführen? Unverständlich, dass es vor allem junge Wähler und Erstwähler waren, die der AfD diesen Erfolg bescherten. Wo waren diese Menschen im Geschichts- und Sozialkundeunterricht? In welcher Schule mögen sie gewesen sein? Oder hatten sie auch solche Lehrer wie Björn Höcke, dem Faschisten? Wissen die Menschen nicht oder haben sie vergessen, wie es zur unseligen nationalsozialistischen Tyrannei in unserem Land gekommen ist? Bereits 1924 wählte in Thüringen ein hoher Anteil nationalsozialistisch. Und nun 100 Jahre später ist es wieder so weit. Die AfD, die aus dem Euroraum austreten will, die den Euro abschaffen möchte, schwadroniert davon, die Wirtschaft damit stärken zu können und ignoriert, dass sich Investoren zweimal überlegen, ob sie in ein Umfeld investieren, das von internationaler Ausgrenzung und Abschottung geprägt ist (vgl. Dorothee Brakmann, Pharma Deutschland).



Die Wahlergebnisse der AfD und des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Sachsen, Thüringen und Brandenburg bereiten Wirtschaftswissenschaftlern große Sorgen. In einer Befragung des Münchner ifo-Instituts unter 185 Ökonominnen und Ökonomen rechnen 67 Prozent mit einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung in Sachsen durch die Landtagswahl. Für Thüringen sind es sogar 74 Prozent. Positive Effekte werden jeweils nur von einer sehr kleinen Minderheit erwartet.

Wer die börsennotierten Unternehmen in Thüringen und Sachsen zählen möchte, ist schnell fertig. Mit Carl Zeiss Meditech und Jenoptik aus dem thüringischen Jena finden sich gerade mal zwei Konzerne aus dem Nebenwerteindex M-DAX. Zwar seien Überraschungen ausgeblieben, dennoch könnte der Siegeszug der in Thüringen als in weiten Teilen rechtsextrem eingestuften AfD negative Folgen für die Börse haben, sagt Joachim Schallmeyer,  Anlagestratege bei der Deka Bank: "Für internationale Investoren ist das keine gute Nachricht. Das wird keine Anlegergelder nach Deutschland ziehen."


Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. Friedrich Nietzsche


Der Beitrag der Union

Aber es sind nicht nur die Wahlergebnisse in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, sondern auch die der Europawahl in diesem Jahr, die mich beunruhigen. Zu meinem Entsetzen und meiner Sprachlosigkeit hat vor allem der Bayerische Ministerpräsident beigetragen, der seit Monaten gegen das Bündnis 90/die Grünen wütet, als sei die Partei der Antichrist, der sich die Auslöschung der CSU zum Ziel gesetzt habe und dem er alles, was es an politischer Zerstörung nur geben kann, in die Schuhe schiebt. Mit seinem Generalangriff auf eine demokratische Partei verlor er die eigentlichen Demokratiezerstörer AfD vollständig aus den Augen.

Ganz ähnlich Merz, der sich eine Alternative mit Substanz zur AfD zutraut und damit den Stimmenanteil der AfD halbieren möchte. Damit verrät er seine eigentliche Gesinnung. Er ist offenbar der antidemokratischen AfD näher als den traditionellen demokratischen Parteien unseres Landes. Aber das ist ja nichts Neues. Merz hat bereits 1997 offenbart, wie und was er denkt, als er einer der 138 Abgeordneten war, die gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe stimmten. Und 2001 schlug Merz vor, die Renten voll zu versteuern und das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre zu legen. Über Klaus Wowereit sagte er, „so lange er (Wowereit) sich mir nicht nähert, ist er mir egal“. Er klagte gegen die Offenlegung der Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten. Er ist dafür, den Kündigungsschutz vollständig abzuschaffen. Das charakterisiert den aller Voraussicht nach künftigen Bundeskanzler zur Genüge, wie ich meine. Mich lässt so etwas an Migration denken. So wie unzählige namhafte Wissenschaftler bereits seit Jahren in Länder auswandern, in denen ihre Forschung wesentlich besser honoriert wird und wo man ihnen die notwendige Wertschätzung entgegenbringt. Und das nicht erst, seit es die sogenannte Ampel gibt.

 

Mit wem will Merz koalieren?

Mit der FDP wird es aller Voraussicht nach für eine Koalition nicht reichen. Ob es dann das Bündnis Sahra Wagenknecht mit ihrem ewig gestrigen Politikverständnis sein wird? Was wird der künftige Bundeskanzler Merz mit all den Gesetzesvorhaben der Ampelregierung machen, gegen die er seit Monaten opponiert und sie blockiert? Die AfD wird ihm dabei nicht helfen. Eine AfD, die Antrag auf ein Betretungsverbot von Flüchtlingen bei öffentlichen Veranstaltungen stellt!! Das muss man sich einmal vorstellen! Nicht nur mich erinnert das an all die Juden-nicht-erwünscht-Schilder in der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Und die Vielfalt soll in diesem Land beendet werden, wie Laborarzt Hans-Christoph Berndt fordert. Also statt bunt, Einheitsbraun. Das ist doch schon mal eine Perspektive. In einem braungefärbten Land möchte ich nicht leben. Dieser fanatische Laborarzt bezeichnet den Verfassungsschutz als NeoStasi. Er will übrigens auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Unglaublich!

 

Haben diese Leute denn nichts gelernt?

Alles schon mal dagewesen. Vielleicht hat dem Laborarzt die Arbeit im Labor mental nicht gut getan. „Deutschland ist das Land der Deutschen, Deutschland soll das Land der Deutschen bleiben, Deutschland ist das Erbe unserer Jugend – und die soll sich nicht irgendwelchen Beduinen unterwerfen müssen.“ Großartig! Ob diese Jugend, der seine Sorge gilt, all die gesellschaftlich wichtigen Arbeiten – angefangen vom Bäcker, über den Mülltonnenleerer, die Pflegekraft, den Bauarbeiter bis hin zum Lackierer, um nur einige zu nennen – übernehmen wird? Von den vielen Ärztinnen und Ärzten mit Migrationshintergrund ganz zu schweigen. Offenbar haben gerade die Menschen, die mit asylsuchenden Menschen so gut wie keine Berührungspunkte haben, die größte Abneigung und die größte Angst vor ihnen. Beduinen sind übrigens Nomaden der Arabischen Halbinsel. Ich habe in Deutschland noch keinen Nomaden gesehen, wenn man von jenen Menschen absieht, die vielfach vom Turbokapitalismus in die Obdachlosigkeit getrieben wurden und deswegen wie Nomaden herumziehen müssen. 

Wo soll das alles noch hinführen?

Mir fällt in diesem Zusammenhang nur der Buchtitel von Jürgen Dehmers ein, dem über Jahre in der Odenwaldschule sexuelle Gewalt angetan wurde: Wie laut soll ich denn noch schreien?

Josch 26.09.2024, 15.54

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Wilfred Nann

Guten Abend,
Danke für diese ja fast verzweifelten Worte. Ich kann jeden Satz unterschreiben. Die z. T. hilflos wirkenden Erklärungsversuche mancher "Experten" für das Wahlverhalten in den drei Ostländern machen mich eher wütend.
Ich mag Herrn Nuhr nicht besonders, aber habe gestern zufällig mal reingezappt und er hat den nicht neuen Kalauer wiederholt, dass man ja für fast alles einen Führerschein benötige, nur wählen dürfen jeder. Das ist natürlich auch keine demokratische Lösung. Aber wer die politische Bildungsarbeit weiter kürzt, braucht sich nicht wundern.
Ich ertappe mich schon bei dem Gedanken, wohin ich denn auswandern könnte, verbunden mit der wichtigen Frage ob dort ggf. die Rente reicht. Aber will ich das wirklich? Es ist 2 vor 12. Für permantes Ampelbashing, die Grünen für ALLES verantwortlich machen und überholte Unvereinbarkeitsbeschlüsse ( z. B. zu einem Linken wie Ramelow) ist keine Zeit mehr. Das haben doch die entsetzlichen Ereignisse gestern in Erfurt bei der ersten Sitzung des Landtages deutlich gezeigt. ALLE demokratischen Kräfte sind aufgerufen, nun endlich zu handeln.
Wilfred Nann, Augsburg


vom 27.09.2024, 23.17
Antwort von Josch:

Vielen Dank für den Kommentar, lieber Herr Nann. Es freut mich sehr, dass Sie meinen Blogbeitrag positiv aufgenommen und ihn inhaltlich weitergeführt haben. Wir sind Gott sei Dank nicht allein mit unserer Überzeugung. Das gibt ein wenig Hoffnung. Herzlich, Ihr jkp
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