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Meine persönliche Leseliste

Es handelt sich um einige meiner Lieblingsbücher oder Literaten. Ich muss vorausschicken, dass ich eine Vorliebe für amerikanische Literatur habe - sieht man einmal von meinem eigentlichen Schwerpunkt der deutschen Literatur zwischen 1900 und 1950 ab.

Für mich gehören die drei bisher erschienen Romane von Donna Tartt - „Die geheime Geschichte“, „Der kleine Freund“, „Der Distelfink“ - zum Besten, was lebende Autoren in den letzten Jahren produziert haben. Nicht umsonst braucht Donna Tartt für einen Roman etwa zehn Jahre. Zum Vergleich: Thomas Mann hat den „Zauberberg“ 1912 begonnen und daran - natürlich mit Unterbrechungen - über 10 Jahre geschrieben. Das Buch erschien 1924. Gut Ding will eben Weile haben.

Neben Donna Tartt gehören für mich John Williams mit „Stoner“ und „Butcher's Crossing" zum Kanon höchst lesenswerter Titel. Beide Bücher habe ich bereits besprochen (siehe unten). Darüber hinaus sind besonders empfehlenswert: „Gehe hin, stelle einen Wächter“ und „Wer die Nachtigall stört“ von Harper Lee, die vor Kurzem verstorben ist, „Zwei Schwestern“ von Dorothy Baker, das ich auch besprochen und vorgestellt habe, dazu Tom Coraghessan Boyle mit „World's End", "Wassermusik", "Willkommen in Welville", "Dr. Sex" und "Ein Freund der Erde", John Steinbecks "Früchte des Zorns, John Irvings "Gottes Werk und Teufels Beitrag oder Richard Powers' "Der Klang der Zeit".

Warum sind diese Titel für mich so bedeutend? Sie zählen m. E. deshalb zum Kanon hochstehender Literatur, weil sie verschiedene literaturwissenschaftliche Kriterien erfüllen. Da sind einmal die Korrelationen zur Zeit, also auf welche Weise sind die erzählten Inhalte mit geschichtlichen Ereignissen korreliert? Wie sehen diese Korrelationen aus? Welche Funktion haben Normen und Werte, gibt es Brüche der Normen und Werte? Werden eigene Normen konstruiert etc.? Welche besonderen Erzähltechniken lassen sich ablesen? Wie steht es mit der Erzählzeit und der erzählten Zeit? Dies ist die Metaebene, die mich besonders interessiert. Natürlich müssen die Texte spannend und stilistisch korrekt formuliert sein. Und die Bücher meiner Liste sind - was mittlerweile bei immer weniger Büchern der Fall ist, ganz besonders bei Selfpublishern - sehr gut lektoriert. Unnötige Längen und Redundanzen sind weggekürzt. Übrigens: Wenn ein Text grammatikalische Schwächen und syntagmatische Fehler aufweist, wenn die Interpunktion nicht stimmt oder wenn es außer Punkten keine Interpunktion zu geben scheint, dann lese ich das Buch nicht, weil es mir zu anstrengend ist. Wenn ich einen Satz zwei- oder dreimal lesen muss, weil sich durch fehlende oder falsche Zeichensetzung der Sinn nicht sofort erschließt, dann kann der Text auch nicht ausgefeilt sein. Denn Sprache ist ja Ausdruck des Denkens.

Gute Literatur muss selbstverständlich Gefühle in mir ansprechen oder auslösen, muss zum Nachdenken, zum Widerspruch oder zur Auseinandersetzung anregen, und sie muss Sehnsüchte in mir wecken und mich in eine fremde Welt versetzen.

Neben den oben genannten Büchern gibt es noch viele andere Titel, die mir gut gefallen haben. Dazu gehörten zum Beispiel Robert Seethalers „Der Trafikant“, Haruki Murakamis „Gefährliche Geliebte“ und Dave Eggers „Der Circle“.

Ich muss zugeben, dass einige Werke, vor allem die von Donna Tartt und Richard Powers sehr umfangreich sind. Da ist ein langer (Lese-)Atem gefragt, und man muss sich dafür Zeit nehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit den Texten zurechtkommt, wenn man täglich nur eine Stunde liest.

Ich lese vorwiegend am Abend und an Wochenenden. Es gibt (Sonn-)Tage, die ich bis zu zehn Stunden lesend verbringe. Und ich bin auch kein Schnellleser, der die Texte schnell mal querliest. Nein, ich muss zurückblättern, um nach Figuren zu suchen, die vielleicht vorn einmal kurz erwähnt wurden, für das Verständnis des Textes aber wichtig sind, und ich verfasse hinterher eine Inhaltsangabe mit einer kleinen Matrix, in die ich die Figurenkonstellationen eintrage.

Ganz bedeutend sind für mich immer noch die Texte von Arthur Schnitzler, Stefan Zweig, Gustav Meyerink, Franz Kafka, Lion Feuchtwanger, Erich Maria Remarque, Hermann Broch, Arnold Zweig, Heinrich Mann und Oskar Maria Graf, aber auch von Thomas Bernhard, Peter Weiss, Heinrich Böll oder Günter Grass. Es lohnt sich wirklich, immer wieder mal ein Buch von diesen wunderbaren Schriftstellern zu lesen (die kann man auch ein zweites oder drittes Mal lesen). Sie vermitteln oft ein unglaubliches Geschichts- und Gesellschaftsbild. Ohne Feuchtwangers „Erfolg“ oder Grafs „Wir sind Gefangene“ hätte ich zum Beispiel von Bayerischer Geschichte nach dem Ersten Weltkrieg nichts kapiert.

Und so geht es mir heute mit den wunderbaren Texten der oben genannten amerikanischen Autoren. Sie vermitteln eindrücklich amerikanische Alltagsgeschichte, fiktional und doch real, gerade in einer Zeit, in der verrückte Superreiche die Präsidentschaft anstreben, in der immer noch viel zu viele Weiße von der Schusswaffe Gebrauch machen, um Schwarze zu töten. Die Bücher von Richard Powers, Harper Lee, Donna Tartt oder T.C. Boyle beschreiben einen American Way of Life, wie er im Fernsehen oder in den Medien nicht vorkommt, als sei der gesellschaftliche Fortschritt und die geistige Entwicklung über den 4. Juli 1776 nicht hinausgekommen. 

Josch 17.03.2016, 23.45

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