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Sich von der Weihnachtsbotschaft berühren lassen

Macht hoch die Tür

… wird in den christlichen Kirchen zur Adventszeit gesungen, wenn überall der süße Geruch von Glühwein, Punsch und gebrannten Mandeln durch die Innenstädte wabert. Die Menschen aber können mit solchen Zeilen nichts mehr anfangen. Ihnen ist der Ursprung, warum es überhaupt Weihnachtsbuden, Weihnachtsmärkte etc. gibt, völlig egal. Der Text von „Macht hoch die Tür“ – geschrieben im Advent 1623 von Georg Weissel, einem evangelischen Pfarrer und Kirchenliederschreiber – ist , wie ich finde, immer noch hochaktuell: Welche Türen und Tore machen wir auf, damit der Friedensstifter Einzug halten kann? Schickt sich unsere Gesellschaft nicht eher an, die Türen und Tore immer mehr zuzuziehen, bis sie endlich vollkommen verschlossen und ein Riegel davor geschoben ist, damit nur ja niemand mehr hereinkommt, durchdringt?



In welcher Gestalt würde Jesus wohl heute bei uns anklopfen und um Eintritt bitten? Ganz sicher wäre er ein Verstoßener, ein Flüchtling, ein Underdog, ein Armer. Jemand aus der untersten Schicht, die in der reichen Industrienation Deutschland rapide zunimmt. Was tun mit solchen Leuten, die sich anschicken, gegen unsere von Wohlstand errichteten Mauern anzurennen?


Flüchtlingspolitik damals und heute

Das Boot ist voll, hieß ein Film Anfang der 1980er-Jahre, in dem es um Juden ging, die während des Zweiten Weltkriegs aus Deutschland in die Schweiz flüchteten. Der Spruch wurde zum geflügelten Wort in der deutschen Flüchtlingspolitik, „schließlich können wir doch nicht alle mitnehmen“, so sagt man. Wie hartherzig waren doch auch in diesem nun zu Ende gehenden Jahr wieder die Standpunkte und Überzeugungen, wenn es um die Ärmsten der Armen ging. Die heilige Familie war auch auf der Flucht. Sie musste vor Herodes nach Ägypten fliehen, um das Kind in Sicherheit zu bringen. Und heute? Wie ist es heute?


Die Schotten dicht machen…

Die Weihnachtsbotschaft, die unsere Gesellschaft immer mehr aus dem Auge verliert und von der viele Menschen überhaupt nichts mehr wissen, wird durch das Lied vorbereitet: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit … sein Königskron ist Heiligkeit. All unsre Not zum End' er bringt.“ Wie soll denn das Licht des Friedens in unsere Herzen dringen, wenn wir die Schotten dicht machen? Wenn wir uns ab- und andere ausgrenzen? Wie soll denn da die Not zum End' gebracht werden?

Weit über 16 Millionen Menschen in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze, wie die Oxfam-Studie belegt. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. 1 Prozent der Weltbevölkerung konnte sich 82 Prozent des weltweiten Vermögenszuwachses sichern. Nach dieser Studie besitzen aktuell die 42 reichsten Menschen so viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Jeden Tag gibt es einen neuen Milliardär. Am stärksten wuchs das Vermögen von Jeff Bezos, dem Chef von Amazon. Mit inzwischen fast 130 Milliarden Dollar Privatvermögen, das stündlich um 4,4 Millionen wächst, ist er mit Abstand der reichste Mensch der Welt. Und dazu tragen auch wir täglich mit bei. Schließlich ist es so easy, bei Amazon zu kaufen, dem weltweit größten Versender. Da ist es im Übrigen wurst, dass die Paketzusteller für mickrigen Lohn schuften müssen, dass die Schwarte nur so kracht.


Die inneren Türen aufmachen

Woran aber würde sich Jesus, käme er heute auf die Welt, wohl orientieren? Ob er zu diesen Superreichen, den Supermächtigen gehen würde? Ob er die Putins, Trumps, Assads, die eisenherzigen Gaulands besuchen würde? Bei Zachäus jedenfalls ist er eingekehrt. Aber dieser Zachäus hat sich bekehrt. Er gab die Hälfte seines Vermögens den Armen, und die er übervorteilt hatte, denen gab er vierfachen Ersatz, wie es im Lukas-Evangelium heißt.

Einer halbwegs humanen Gesellschaft kann es nicht egal sein, wenn Menschen hungern, wenn Menschen ihre Heimat verlassen müssen, ob aus wirtschaftlichen, religiösen oder militärischen Gründen. Was nehmen uns diese Menschen weg? Was verlieren wir, wenn wir die Türen und Tore aufmachen? Wenn wir uns dem Weihnachtsgeschehen nicht verschließen und uns für andere Menschen öffnen? Es kann doch nicht damit gemeint sein, sich an Weihnachten reich zu beschenken und beschenken zu lassen, sich mit den köstlichsten Speisen den Bauch vollzuschlagen, vielleicht sogar den Weg in eine Kirche zu finden und sich bei verkitschten Weihnachtsliedern nur mühsam der sentimentalen Tränen erwehren zu können. Die Weihnachtsbotschaft gilt das ganze Jahr über. Sie hat nicht nur am 24. und 25. Dezember Gültigkeit. Es ist eine Lebensaufgabe, für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten, die Türen und Tore aufzumachen, damit die Botschaft unser Herz berühren kann. Ja, es ist eine Aufgabe. Sie ist sicher nicht leicht, aber sie müsste doch zu bewältigen sein.

Ich wünsche allen meinen Lesern eine friedvolle, frohe, erfüllte und von echtem Mitgefühl getragene Zeit.

Abbildung: © fotolia, maticsandra

Josch 20.12.2018, 23.08

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Sylvia

Ich wünsche dir frohe Weihnachten

vom 23.12.2018, 13.08
Antwort von Josch:

Auch dir ein frohes, besinnliches und entspanntes Weihnachtsfest zusammen mit deinen Liebsten. Ich freue mich sehr, dass dir meine Texte gefallen. josch
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