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Mannsbilder

Mannomann!

Die Frage, wann ein Mann ein Mann ist, hat Herbert Grönemeyer bereits vor 35 Jahren beantwortet. Er wusste, dass Männer es schwer haben, dass sie außen hart, jedoch innen ganz weich seien und dass sie schon als Kind auf ihr späteres Mannsein geeicht wurden. Doch ganz so einfach ist es leider nicht, das Mannsein, wie der Sänger das damals in die Welt hinaustremolierte. Vielleicht hat er sich aber auch nur selbst damit beschreiben wollen.

Die Zeit ist nicht stehengeblieben, und der Blick auf den Mann hat sich seitdem um 180 Grad erweitert, zumal wenn man Mannsein nicht isoliert betrachtet, sondern die gesellschaftlichen, psychologischen und sozialen Bezüge, in die ein Mensch nun einmal eingebettet ist, mit einbezieht. Mit einer solch differenzierten Sicht käme ein einfacher Schlager ganz aus dem Rhythmus.



Jedoch: Braucht das Land neue Männer?

Ein differenzierter Blick auf den Mann erweitert den Horizont und führt zu ganz unterschiedlichen „Mannsbilder“(n), wie Boris Halva sein Buch nennt, das eine Bestandsaufnahme seiner Suche nach der neuen Männlichkeit ist. Um es vorweg zu sagen: Boris Halva macht es sich nicht leicht. Es gibt eben nicht den Mann, wie es auch nicht die Frau gibt. Der Mann ist für Halva zuerst und vor allem ein Mensch, ohne die kritischen Seiten auszublenden, sie zu banalisieren oder sie bewusst einseitig zu interpretieren. Halva spart weder #MeToo noch die schiefen Bilder in der Werbung aus, weder überholtes Machogehabe der Alphatiere in Wirtschaft und Sport noch den verunsicherten Vater und Ehemann. Er spürt in seinem Buch den Brüchen nach, die das Leben jedes Mannes hat, er konsultiert Psychologen, Rhetorik- und Flirttrainer, diskutiert mit Freunden, Bekannten und Kolleginnen und sucht den Dialog mit den Vertreterinnen des jungen Feminismus.

Bei seiner Suche nach der neuen Männlichkeit ist es ihm wichtig, die Verbindung zu den Vätern wie zu den Großvätern herzustellen und die Verbindung zu den Söhnen nicht abreißen zu lassen. Als Halva befürchtete, seinen heranwachsenden Sohn nicht mehr erreichen zu können, hatte er die großartige Idee, gemeinsam mit dem Sohn Gedichte zu schreiben, mit denen sie die Ereignisse des Tages reflektierten und verdichteten. Damit beschäftigte sich der Sohn mit der Sprache, was dem Vater wichtig war, und obendrein machte es den beiden auch noch großen Spaß. Solche Ideen entstehen nur, wenn der Vater um die Verbindung zum Sohn ringt, wenn es ihm ein ernstes Anliegen ist, ihn loszulassen und dabei den Kontakt nicht zu verlieren.

Boris Halva

Mannsbilder

Auf der Suche nach der neuen Männlichkeit

Komplett Media Verlag

206 Seiten, Klappenbroschur

18,00 €

ISBN: 978-3-8312-0544-8


Es sei auch bedeutsam, so Halva, die Frage nach den Vorbildern einst und heute in die Reflexion der neuen Männlichkeit mit einzubeziehen. Welche Vorbilder haben unsere Söhne, welche hatten wir und was waren die Vorbilder unserer Väter? „Und so, wie wir uns eingestehen müssen, dass wir wohl keinen der Menschen, die wir als Vorbilder bezeichnen würden, ohne Einschränkung bewundern, so müssen wir auch unseren Kindern sagen dürfen, was wir von ihren Vorbildern halten, was sie mit uns machen, in uns auslösen. Wir müssen fragen, was findest du an diesem Mann und dieser Frau gut?“ Für mich ist die Frage nach den Vorbildern und Idealen von enormer Bedeutung für die Frage nach dem Mannsein. Es lohnt sich, selbst im Alter sich immer wieder einmal diese Frage zu stellen. Die Suche nach der neuen Männlichkeit ist meines Erachtens jenseits der 60 nicht beendet, was übrigens auch ein interessanter Aspekt wäre, da die neue Männlichkeit nicht nur junge Männer betrifft.

Halva ist überzeugt, dass „wir fast immer die Wahl haben zwischen Anstand und Egoismus, zwischen Toleranz und Erwartung, zwischen felsenfester Überzeugung und der Bereitschaft, unsere Meinung zu ändern, ohne unsere Haltung aufzugeben“. Entscheidend sei, so Halva: „Wir müssen reden. Männer und Frauen übereinander, aber vor allem miteinander. Und noch viel wichtiger: Wir müssen einander zuhören.“


Was ich finde

Ein hoch interessantes Buch, das ich nicht nur jedem Mann ans Herz legen möchte, sondern auch jeder Frau. Ein sympathisches Buch, weil es nicht belehrt und alle Antworten zu dieser komplexen Frage bereithält, ein erfrischendes Buch, weil es nicht moralinsauer den Finger hebt und vor allem: Weil sich der Autor nicht distanziert neben die Suche stellt, sondern sich persönlich mit hineinnimmt in diese Suche nach der neuen Männlichkeit.


Josch 08.11.2019, 11.41

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Gudrun Kropp

Ja, das wird sicher noch länger ein Thema in der Gesellschaft bleiben. "Man"(n) bedenke, dass die Kirche - die Religion - schon über Jahrhunderte hinweg, das Männerbild stark geprägt hat. Ein männlich autoritärer Gott-Vater und hierarisch aufgebaute Strukturen seit Anbeginn der Welt sind nicht so schnell aus den Köpfen der Menschen herauszukriegen ... es gäbe da noch einiges mehr zu sagen.
Gruß Gudrun

vom 11.11.2019, 14.34
Antwort von Josch:

Sicher gäbe es zum Thema noch Vieles zu sagen. Aber das Buch bilanziert in gewisser Weise den gegenwärtigen von Respekt getragenen Stand der Diskussion. Und das ist ja auch irgendwie ein Beitrag zur Emanzipation. LG, josch
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