Thema: Reflexionen
»Wenn zwei sich streiten, lächelt die Wahrheit.« Hans Arndt
In den Nachrichten wird ständig vom »Streit der Ampelkoaliton« gesprochen, immer mit dem Unterton der negativen Bewertung, als wollte die Moderatorin sagen: »Mami, schau mal, jetzt haben sie schon wieder gestritten! Ganz schlimm!« Ja, diese Regierung ist ganz schlimm. Die Regierungsparteien streiten sich ständig. Furchtbar! Da bricht doch alles auseinander! Dabei sehnen wir uns so sehr nach Harmonie. Kann denn diese Regierung nicht harmonisch zu Beschlüssen kommen? Und dieser Kanzler! Der sieht einfach zu! Schlimm ist das. Sehr schlimm, ja furchtbar.
...weiterlesenJosch 24.09.2023, 13.43 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Dem andern zeigen, wie man ist
„Je öfter dass man was sieht, desto besser versteht man es! – Das ist nicht wahr! Wir zwei habn uns schon so oft gsehn und verstehn uns alle Tage weniger“, so Karl Valentin. Eine schmerzhafte Wahrheit, die der große Komiker wie häufig prägnant in Worte fasste. Je öfter man sich begegnet, desto besser lernt man einander kennen, vorausgesetzt, man öffnet sich und lässt den anderen an seinem Leben teilhaben. Je mehr man vom anderen weiß, je mehr sich einem sein Denken erschließt, desto größer die Gefahr, dass seine Eigenheiten, Vorlieben, Schrullen, Ecken und Kanten nicht nur zum Vorschein kommen, sondern dass sie einem unangenehm sind, dass sie einem zutiefst zuwider sind und man den anderen deswegen ablehnt. Sich ehrlich zu begegnen birgt also durchaus die Gefahr, dass man sich immer weniger versteht.
...weiterlesenJosch 18.08.2023, 14.21 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Liebe lässt sich nicht erbittern
Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr uns Gesten, Zeichen und Symbole der Zärtlichkeit berühren, wenn sich zum Beispiel zwei junge Menschen umarmen und küssen, wenn sie Händchen haltend spazieren gehen oder eng umschlungen auf einer Parkbank sitzen, miteinander schmusen oder wenn wir erleben, wie liebevoll und vorsichtig sie sich unterhalten, wie zärtlich und ernst sie miteinander umgehen. In besonderer Weise gilt unser aufmerksames Interesse Brautpaaren. Man denke nur an die Hypes, die Hochzeiten von Stars und Filmsternchen auslösen.
...weiterlesenJosch 26.07.2023, 20.38 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Abschied ist etwas Riesiges
„Abschied ist kein kleiner Tod, Abschied ist etwas Riesiges“, sagt André Heller, und er spricht damit Menschen aus der Seele, die sich von einem lieben Menschen, und wenn es auch nur für kurze Zeit ist, trennen müssen. Und Heller weiter: „Die Menschen haben ja keine Ahnung, die sagen, Abschied sei ein kleiner Tod.“ Ganz gleich, wie viele Abschiede wir in unserem Leben schon durchmachen mussten, es schmerzt immer wieder, und der Schmerz lässt sich durch die Anzahl der Abschiede oder Trennungen nicht leichter ertragen, als könne der Trennungsschmerz eingeübt werden. Es gibt auch keine schmerzstillende Arznei. Und in vielen Fällen hilft nicht einmal die Zeit, von der der Volksmund sagt, sie heile alle Wunden, man lernt nur, mit dem Schmerz zu leben, habe ich auf einem Blog gelesen. Und auch dieser Aussage möchte ich aus tiefster Überzeugung zustimmen.
...weiterlesenJosch 19.07.2023, 20.43 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Ehrenamt Sprachpate
Wenn unter meinen Freunden die Sprache auf Asylbewerber und Migranten kam und der eine oder die andere meinte, dass Integration Grenzen habe, ich jedoch vehement dagegen argumentierte, wurde mir oft entgegengehalten, dass ich doch gar nicht mitreden könne, da es in meinem Umfeld keinen einzigen Menschen mit Migrationshintergrund gebe. Das war ein Argument, dem ich nichts entgegenzusetzen wusste. Es stimmte: Ich saß vor meinem Bildschirm und redigierte fernab aller Integrationsprobleme Manuskripte. Als ich die Arbeit reduzierte, weil ich mehr Zeit für meine eigenen Interessen haben wollte und ich plötzlich diese Mehrzeit auf Anhieb gar nicht sinnvoll füllen konnte, erinnerte ich mich an eine Bekannte, die häufig davon sprach, wie wichtig ihr die Arbeit als Sprachpatin in einem Helferkreis ihrer Gemeinde sei.
...weiterlesenJosch 20.03.2023, 19.23 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Plädoyer für die Unsicherheit
Mich überfallen häufig Zweifel. Dann stelle ich (fast) alles in Frage und auf den Kopf. Oft erfolgt der Angriff ganz unvermittelt, unerwartet, wie ein Überfall im Dunkeln, aus dem Nichts, meistens dann, wenn ich allein bin mit mir, wenn ich nicht unter eigener „intellektueller Aufsicht“ stehe, mich dem Nichtstun hingebe, einfach nur dasitze und überlege. Manchmal schleicht sich der Zweifel aber auch ganz langsam und gemächlich an mich heran, konfrontiert mich zum Beispiel mit einer Äußerung eines Bekannten, einer Kollegin, eines Freundes. War es wirklich so gemeint, wie es gesagt wurde? Oder sagte sie es nur, um mich zu beruhigen, mir schön zu tun, mir Honig ums Maul zu schmieren oder um mich bzw. das lästige Thema loszuwerden?
...weiterlesenJosch 09.01.2023, 12.00 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Für den Frieden muss man reden …
… habe ich in einem Buch aus dem Jahr 1971 gelesen. Es gibt wahrscheinlich nichts, was uns 2022 mehr beschäftigt hat als dieser furchtbare Krieg in der Ukraine. »Für den Frieden muss man reden, denn man braucht kein Gewehr, um jemanden abzuschießen. Worte tun es auch«, heißt es weiter. Ja, vor 50 Jahren konnte man noch relativ unbefangen über Krieg und Frieden reden und schreiben. Kriege waren Gott sei Dank weit weg von uns. Nun aber kam der Krieg beängstigend nah an uns heran; Krieg bedroht unseren Wohlstand, bringt Kälte in unsere Wohnzimmer. Unfassbar.
...weiterlesenJosch 26.12.2022, 16.22 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
„Meine Seele hat es eilig“
Ich bin vor Kurzem auf einen Text von Mario de Andrade (*1893/+1945), dem brasilianischen Dichter, Essayisten und Musikwissenschaftler, der zu den Gründern der brasilianischen Moderne gehörte, gestoßen. Überschrieben war der Text: „Meine Seele hat es eilig.“ Der kurze Text hat mich sehr berührt. Eigentlich wäre er es wert, ganz zitiert zu werden. Aber das würde den Rahmen meines Blogbeitrages sprengen. Deswegen möchte ich mich nur auf drei Kernsätze konzentrieren, die mich in besonderer Weise angesprochen haben.
...weiterlesenJosch 09.11.2022, 16.56 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Was anonyme Botschaften "anrichten" können
Vor Kurzem las ich auf einem Briefkasten: „Schreib ihr einen Liebesbrief. Dass sie in 40 Jahren Whatsapp-Nachrichten auf dem Dachboden findet, ist eher unwahrscheinlich.“ Im ersten Moment musste ich über die Empfehlung mit wasserfestem Stift in geschwungener, gut lesbarer Schrift auf die Oberseite des gelben Kastens geschrieben, schmunzeln. Doch dann ließ mich diese originelle Aufforderung (wahrscheinlich ein Werbegag der Post) einfach nicht mehr los. Ich überlegte: Wann bekam ich in den letzten Monaten einen persönlichen Brief? Also keine Rechnung, keine Werbesendung, kein offizielles Schreiben des Finanzamts oder der Stadtverwaltung? Einen richtigen, an mich persönlich adressierten, per Hand geschriebenen Brief eines mir nahestehenden, lieben Menschen? Das ist schon eine Ewigkeit her.
...weiterlesenJosch 01.08.2022, 11.05 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Hälfte des Lebens ...
... war ein Beitrag in der Rubrik "Ein Text, der mir zu denken gibt" in einer religionspädagogischen Fachzeitschrift überschrieben. In dieser Rubrik stellten Autoren einen kurzen Text vor, mit dem sie eine einschneidende Erfahrung in ihrem Leben verbanden. Ein Text, der mir bis heute zu denken gibt, war von meinem damaligen Vorgesetzten und Lektoratsleiter verfasst. Er zitierte den zweiten Teil von Friedrich Hölderlins Gedicht „Hälfte des Lebens“:
Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
Josch 31.07.2022, 12.19 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL